Nachlese

Fotos: Johannes Labner

Nachbetrachtungen von Martin Hochegger:

 

Die Veranstaltung gestern Abend im Pfarrsaal der Kalvarienbergkirche zum Thema „Österreich 1933/ 1934 – Spannungsfeld zwischen Arbeiterschaft und Kirche“ war wieder ein voller Erfolg. An die 80 Teilnehmer:innen füllten den Pfarrsaal und folgten – nach einer Begrüßung durch Fritz Hager und einer Einführung von KAB -Vorstandsmitglied Anneliese Pieber - mit großem Interesse den Ausführungen der drei Referent:innen.

 

   Besonders eindrucksvoll und berührend waren die Schilderungen von Altgeneralvikar Leopold Städtler, der sehr hautnah diese Entfremdung zwischen Kirche und Arbeiterschaft in der Obersteiermark nach dem Krieg miterlebt hatte. Städtler berichtete auch von Kaplänen und Priestern, welche quasi als Parteisekretäre für die christlich-soziale Partei in den dreißiger Jahren tätig gewesen sind. Dies bestätigte auch die Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler, die unter anderem aus der Pfarrchronik der Kalvarienbergkirche einige Textstellen referierte. Aber auch dass viele Priester hohe politische Ämter und Mandate innehatten.

 

   Michaela Sohn-Kronthaler und Peter Schachner-Blazizek schilderten sehr eindringlich die damalige Sprach-und Dialogverweigerung der beiden Lager: Der christlich - sozialen Partei und an ihrer Seite die katholische Kirche und auf der anderen Seite die Sozialdemokratie. Das Verhältnis war von starkem Misstrauen geprägt, welches schließlich auch in den eher unvorbereiteten und wenig organisierten Aufstand der Arbeiterschaft in den Industrieregionen Österreichs im Jahr 1934 mündete. Dieses fortlaufende Misstrauen hatte dazu geführt, dass sich beide Blöcke paramilitärische Organisationen hielten. So wies Schachner-Blazizek darauf hin, dass sich mindestens 145 000 mit Gewehren und Pistolen bewaffnende Männer in der Heimwehr und im Schutzbund organisiert hatten.

 

   Außer Streit gestellt war die Tatsache, dass die christlich-soziale Partei, unterstützt von der Kirche, den Wirtschaftseliten und der Ministerialbürokratie, Exekutive und Militär die verfassungsmäßige Ordnung außer Kraft setzten, die Opposition zerschlugen und eine Diktatur errichtete. Auch wenn lange das einseitige Narrativ gepflegt wurde, dass damit der Versuch gemacht wurde, die Unabhängigkeit Österreichs gegenüber dem Nationalsozialismus zu bewahren.

 

   Als Lehre aus den damaligen Ereignissen zogen alle drei Referent:innen den Schluss, dass es in einer funktionierenden Demokratie notwendig ist einen Diskurs auf Augenhöhe zu führen, ohne Beschimpfung und Herabwürdigung des politischen Gegners. Und dass es in unser aller Hand liegt bei den kommenden Wahlen auch für die Beibehaltung der Demokratie zu stimmen.

 

Nachtrag:

 

Angestoßen durch die Initiative der KAB Steiermark hat die Bundesvertretung der KAB -Ö eine Erklärung an die Bischofskonferenz und an alle Bischöfe separat übermittelt, in der von der Bischofs-konferenz klare Worte der Entschuldigung für die damalige Partei-lichkeit eingefordert werden.

 

Da scheint sich nun was zu bewegen. So hat Bischof Schwarz von der Diözese St.Pölten angeregt, dass sich die Bischofskonferenz eingehend damit befassen soll und auch eine unabhängige Historikerkommission beauftragen soll die Rolle der Kirche genau herauszuarbeiten.