Gesprächsforum mit musikalischer Umrahmung

Mythos Koloman Wallisch

und die Zeit des Austrofaschismus

Donnerstag, 15. Februar - 18:30 Uhr

Pfarrsaal Bruck an der Mur

Kirchplatz1, 8600 Bruck an der Mur

Gerade in der Mur-Mürz Furche in der Steiermark entwickelte sich nach dem Bürgerkriegsjahr eine starke anti-kirchliche Erzählung durch die Sozialdemokratie. Dieses Narrativ der Kirche als Feindin der Arbeiter:innenbewegung hielt sich bis in die Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Koloman Wallisch war sozialistischer Abgeordneter zum österreichischen Parlament und wurde im Jahre 1934 wegen staatsfeindlicher Umtriebe verurteilt und öffentlich gehängt. Sein Name ist im öffentlichen Raum in der Obersteiermark nach wie vor sehr präsent.
Die Dynamiken dieser Zeit waren Vorboten für den Austrofaschismus und führten in die verhängnisvolle Zeit des Nationalsozialismus.


Referent:innen:

Prof. DDr. Werner Anzenberger, Historiker
Univ.-Prof. Dr.in Michaela Sohn-Kronthaler, Historikerin,

        Institut für Kirchengeschichte
Mag. Wolfgang Rehner, Superintendent


Moderation: Martin Hochegger, KAB

 

Veranstalter:
KAB und Katholisches Bildungswerk, Evangelische Kirche


Nachbetrachtungen von Martin Hochegger:

 

Letzten Donnerstag fand im Pfarrsaal in Bruck an der Mur eine wieder sehr gut besuchte Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft braucht Erinnerung – Österreich 1933/1934 und die Gefährdungen der Demokratie und Menschenrechte einst und jetzt“ statt .

 

Nach der Begrüßung durch Vikar Dr. Florian Mayer und einer ersten Einführung durch KAB – Vorstandsmitglied DSA Anneliese Pieber diskutierten Univ. Prof.in Dr.in Michaela Sohn-Kronthaler, der Historiker und ehemalige Brucker Stadtrat Prof. Dr.Dr. Werner Anzenberger und der Evangelische Superintendent Mag. Wolfgang Rehner unter der Moderation von KAB – Vorsitzenden Dipl. Päd. Martin Hochegger zwischendurch sehr leidenschaftlich über die geschichtlichen Ereignisse zwischen 1918 und 1938.

 

Zu Beginn der Diskussion wurde die allgemein schwierige Situation Österreichs nach dem 1. Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie beleuchtet. Diese war gekennzeichnet durch Hungersnot, Arbeitslosigkeit, hohe Inflation und Epidemien. Sowohl Dr.in Sohn-Kronthaler als auch Dr. Anzenberger wiesen auf die kurze, aber Koalitionäre Zusammenarbeit zwischen christlich-sozialer Partei und der Sozialdemokratie hin. So wurden in der Anfangszeit der 1. Republik viele Gesetze zur Verbesserung der Lage der Arbeiterschaft geschaffen – Arbeitszeitverkürzung, Urlaubsansprüche, Arbeitslosengeld und vieles andere mehr. Danach spalteten und radikalisierten sich die politischen Lager – ein drittes Lager kam dazu. Die katholische Kirche mischte dabei an der Seite der christlich – sozialen Partei intensiv mit und besetzte durch Priester auch viele politische Ämter. Je mehr der Einfluss der katholischen Kirche zunahm, umso gefährdeter empfanden sich die evangelischen Christen in der Steiermark. Dies sei auch der Grund gewesen – so Superintendent Mag.Rehner später in seiner Wortmeldung - warum viele evangelische Christen und Christinnen sich schon sehr früh dem Nationalsozialismus zugewandt hatten. Hier hätten evangelische Christ:innen und die Führung der evangelischen Kirche Schuld auf sich geladen. Diese klaren Worte beeindruckten viele Besucher:innen.

 

In den Zwanzigern kam es dann zu einer Militarisierung und Aufrüstung durch die jeweiligen Vorfeldorganisationen der politischen Parteien. Mit der Heimwehr und dem Schutzbund standen sich schlussendlich 145 000 bewaffnete Männer gegenüber. Ein nicht wirklich gut vorbereiteter und nicht von der Führung der Sozialdemokratie vorangetriebener Aufstand der Arbeiterschaft führte zum Februar-Aufstand und dessen blutiger Niederschlagung durch Polizei und Militär. Unmittelbar nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden 8 Männer zum Tode durch den Strang verurteilt. Einer davon war Kolomann Wallisch, ein sozialdemokratischer Nationalratsabgeordneter - von seinen Gegnern als Aufrührer und Agitator gefürchtet. Er wurde durch eine widerrechtliche Ausdehnung des Kriegsrechtes in Leoben gehängt. Seine Biographie wurde durch Dr.Anzenberger ausführlich geschildert.

 

Ein weiterer – Josef Stanek aus Graz – sei als „Abschreckungsgründen – obwohl nachweislich unschuldig – ebenfalls getötet worden.

 

Nach diesem niedergeschlagenen Aufstand wurde vom Dollfuss- Regime endgültig alle demokratischen Grundregeln und strukturelle Errungenschaften abgeschafft und eine Diktatur nach italienischem Vorbild errichtet. Dies auch unter Zustimmung der österreichischen Bischofskonferenz. Dr.in Sohn-Kronthaler wies allerdings auch darauf hin, dass es immer wieder Priester und Laien gab, die sich gegen diese Entwicklungen stemmten, aber leider in der Minderheit und damit wirkungslos blieben. Nach einer kurzen Publikumsrunde ging es

 

mit mahnenden Worten gegenüber weltweit zunehmenden anti-demokratischen Entwicklungen und der Notwendigkeit des Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte weiter.

 

Den Respekt gegenüber Minderheiten und deren Möglichkeiten zur Mitsprache mahnte Superintendent Mag. Rehner als wesentliche Pfeiler einer lebendigen und funktionierenden Demokratie zum Abschluss der Diskussion ein.